Ich traute meinen Ohren kaum als mein Mann während eines Streitgespräches diesen Satz wahrlich aussprach, damals gute acht Monate nach der Geburt unserer Tochter.

„Es war nicht einfach, dass ich dich plötzlich teilen musste – und auf „Rang Zwei“ rutschte!“

Und er meinte es ernst, bitterernst. Nach acht Monaten, in denen wir gemeinsam voller Stolz und mit viel Bauchgefühl vom ersten Tag an in unsere neue Aufgabe als Eltern hineingewachsen waren, als wäre es zuvor nie anders gewesen. Dieser Satz kam zu einer Zeit in der unser „Eltern-Dasein“ bereits wie am Schnürchen lief, so dachte ich es zumindest. Ich empfand uns als Dreamteam, das voller Gefühl und mit allem an Herzblut für unser kleines gemeinsames Wunder lebte – und so war es auch. Unsere Paarbeziehung blieb keineswegs auf der Strecke, auch wenn ich gemeinsame Netflix-Abende auf der heimeligen Couch den auswärtigen Datenights zu diesem Zeitpunkt noch liebend gerne vorzog.

Mein Mann und ich genossen unser gemeinsames Kinderglück, die gemeinsamen Spaziergänge und Erlebnisse mit unserer Tochter wie die Abende, an denen die Maus tief und fest in ihrem Gitterbett schlummerte. Das bildete ich mir doch nicht ein – sicher nicht. Wir liebten, wir stritten, wir lachten und weinten, wir waren für einander da, genauso wie wir es vor unserer Tochter waren. Wie konnte er nur so fühlen? Weil sich etwas Grundlegendes geändert hatte, was mir bei all meiner Mutterliebe und rosaroten Brille niemals nie in den Sinn gekommen wäre, hätte es mein Mann nicht ausgesprochen: meine ewige Nummer eins wurde damals vor acht Monaten plötzlich über Nacht vom Podest gestoßen, und zwar von unserer Tochter. Meine Aufmerksamkeit und Fürsorge galt plötzlich zu hundert Prozent ihr. Und so wunderschön mein Mutterglück auch war, diese Tatsache zu realisieren, dass ich meinen Mann damit monatelang weh tat, wenn auch unbewusst, schmerzte.

Vom ersten Lebenstag unser Tochter drehte sich unsere Welt nur mehr um sie. Die Maus und ihre Bedürfnisse standen an erster Stelle, ganz klar. Das Wichtigste war geboren und das musste umsorgt werden, morgens, mittags, abends, nachts, und jede Millisekunde dazwischen – und davon möchte ich auch nichts missen. Die Maus war der Mittelpunkt unserer Welt, vor allem von meiner, die ich als frischgebackene Mama gemeinsam mit ihr Zuhause verbringen durfte. So vollkommen und voller Perfektion sie war (und heute noch ist) hatte ich alles nach ihren Bedürfnissen ausgerichtet, selbst Joggingrunde oder Frisörbesuche fanden genau geplant während ihrer Schläfchen statt, wohl wissend, dass der Papa oder die Oma ihre schützenden Hände über den kleinen Zwerg hielten und ich womöglich sofort nach dem Wach werden wieder eintrudeln würde.

Die Maus war überall mit dabei, sei es bei Ausflügen, im Shoppingcenter oder zum Kaffee trinken mit Freunden. Die Vorschläge meines Mannes die Maus mal bei der Oma zu lassen, die sich sowieso liebend gerne für Omadienste anbot, wurden von mir gerne abgelehnt. Meine stetige Ausrede: die Maus sei so unkompliziert, sie könne ja überall mit hin. Und so saß ich dann im Einkaufscenter mit der Maus und ihrem Flaschi eine Stunde bei Starbucks während mein Mann mir aus der Umkleidekabine zig Fotos von ihm und seiner potentiellen neuen Jeans schickte. „Schauen eh alle gut aus“, meinte ich und widmete meine Aufmerksamkeit wieder der Maus. Das ich ihm mit meinem Verhalten enttäuschte war mir zu diesem Zeitpunkt nicht klar.

Genossen wir dann doch einmal einen überredeten kinderfreien Nachmittag, war es superschön. Doch dass ich zig Mal nach der Maus fragte und die Omi bat mir ein paar Fotos von ihr per WhatsApp zu schicken, war für meinen Mann dann wohl weniger erfreulich, selbst wenn er unsere Tochter ebenso vermisste als ich. Und so war unser erster gemeinsamer Kinoabend mit Freunden, damals am Ostermontag 2015. Wohl wissend, dass wir unsere Maus nach dem Kinofilm sofort bei der Oma abholten stimmte ich dem Pärchen-Kinoabend zu. Die Folge war eine sentimentale und aufgewühlte Mama nach dem letzten Teil Fast and the Furious, ich in Gedanken stets bei meiner Maus und dem kleinen Mädchen, dass Paul Walker im echten Leben zurückließ. Die Freude darüber die Maus im Anschluss wieder in die Arme schließen zu können, war riesengroß, weshalb ein Drink nach dem Kino von mir dankend abgelehnt wurde.

Ich drängte immer nach Hause oder dahin, wo die Maus war. Da wo mein Mann noch etwas mehr kinderfreie Zeit „herausschlagen“ wollte – nicht weil er die Maus weniger lieb hatte, sondern weil er die entspannte Zweisamkeit manchmal einfach vermisste -meinte ich wir könnten doch schon zur Oma fahren und dort noch einen gemeinsamen Kaffee trinken. Ich war eine Glucke, kann man wirklich so sagen. Im Nachhinein verstand ich, was mein Mann damit meinte, dass es schwer für ihn war, dass er nicht mehr meine Nummer eins war. So sehr er sich bemühte, ich kapierte es nicht – bis zu jenem Streit, als er mit mir darüber sprach. Und als ich dann an unsere gemeinsamen Filmabende dachte, die eigentlich entweder mit Baby am Arm waren oder ohne jegliche Aufmerksamkeit, weil die Maus vielleicht nach einer halben Stunde weinte, oder ich kurz nach Beginn des Filmes einschlief, weil die Nächte damals doch irgendwie kürzer waren, und so mein Mann erst recht alleine schauen musste – verstand ich den Punkt noch mehr. Ebenso mein ewiges „Shhhhhhhhhhhhhhh“ als er mir abends nach der Arbeit etwas erzählen wollte, ich aber zu verhindern versuchte, dass er die Maus aufweckte. Oder ich mit der Maus beschäftigt war, als er heimkam. Und auch wenn er sich unser Baby sofort schnappte und voller Freude knuddelte, unsere Kommunikation bliebt doch irgendwie auf der Strecke.

Unser Gespräch damals haben wir Gott sei Dank nicht zu spät geführt. Ich verstand viele Verhaltensweisen besser, seine sowie auch meine. Mir war immer klar: Mein Mann gehört zu mir, ebenso sehr wie die Maus, doch diese Tatsache musste ich wieder viel mehr in den Fokus stellen. Dass mein Mann in der Lage war so zu fühlen war mir nicht bewusst. Kurz vor dem ersten Geburtstag der Maus ließ ich es dann zu: sie schlief das erste Mal bei der Oma. So komisch es auch war, umso einfacher wurde es für mich die kommenden paar Male. Mein Mann und ich begannen wieder gemeinsam abends auszugehen, genossen die Zweisamkeit oder Zeit mit Freunden während es der Maus bei der Oma mehr als gut erging. Wir lebten auch außerhalb unseres gemeinsamen Eltern seins wieder, und wenn wir die Möglichkeit dazu hatten dann auch in vollen Zügen.

Wir ließen uns gegenseitig hochleben, so wie wir es früher, vor unserer Tochter getan haben. Ich ließ meine Bedürfnisse wieder mehr zu, genoss ebenso die Stunden alleine zurück im Beruf als auch die alleinigen Sportstunden. Im Anschluss freute ich mich wieder umso mehr auf meine beiden Lieblinge Zuhause, denn neben all meinen eigenen Bedürfnissen waren meine Prioritäten stets dieselben, und werden sie auch immer bleiben. Meine Familie, bestehend aus meinem Mann – meinem Partner in crime – und meiner Tochter. Es muss nicht eine Nummer eins geben, man braucht keine Stockerlplätze zu vergeben, wenn man bedingungslos liebt – auch wenn das ein oder andere Mal vielleicht einer warten muss oder man sich manches Mal zwischen einem gemeinsamen Familien-Frozen-Abend oder einer Datenight zu zweit entscheiden muss.

Auch wenn ich es das erste Jahr nicht immer zuließ, heute gilt meine volle Aufmerksamkeit und Liebe den beiden gleich und umgekehrt, denn nur beide zusammen machen mich komplett so wie ich bin. Und so haben wir es geschafft: heute nach über drei Jahren, die wir gemeinsam als Eltern gemeistert haben. Wie heißt es so schön? Glückliche Eltern haben glückliche Kinder. So schnell werde ich meinen Partner nicht mehr hinten anstellen, das steht fest.

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Posted by:Steffi

Herzlich Willkommen auf meinem persönlichen Mamablog! Hier schreibe ich, Steffi (33) über das Kinderglück als 2-fach Mama, arbeiten als Mama und ganz viel Alltagskram. Viel Spaß beim Lesen!

4 Antworten auf „„Es war nicht einfach, dass ich dich plötzlich teilen musste – und auf „Rang Zwei“ rutschte!“

    1. Danke liebe Simone für deinen Kommentar! Ich glaube viele Papas fühlen sich anfangs so, doch sprechen sie es vielleicht nicht an. Denn es is ja wirklich eine Challenge die Bedürfnisse beider Lieben unter einen Hut zu bringen, gerade wenn das Baby die Mama rund um die Uhr braucht. Und dennoch war ich umso mehr dankbar, dass mein Mann dieses Thema angesprochen hat und ich es somit auch selbst wahrnehmen konnte.

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