Wann bekommt ihr denn das zweite Kind?“„Wie lange wollt ihr euch denn noch Zeit lassen?“„Wenn ihr noch länger wartet, dann wachsen beide als Einzelkinder auf.“„Wollt ihr denn überhaupt noch ein Kind?“

Seit gut einem halben Jahr nach der Geburt unserer Tochter haben mich bereits Fragen und Aussagen wie diese genervt. Klar ist man als Oma oder Freundin, oder Nachbarin, oder Bekannte, oder weitschichtige Verwandte (ja, hauptsächlich sind es Frauen) neugierig, liegt die Neugier ja auch in der Natur des Menschen. Und doch ist Familienplanung ein privates Thema, das man auch als solches dem eigentlichen Paar überlassen sollte. Von einigen kam nämlich diese Frage alle paar Monate wieder auf, so ganz nach dem Motto „Na was is‘ jetzt?“ Hatte ich beim ersten Mal Rede und Antwort gestanden? NEIN, denn wen geht es was an (ab) wann, wo und vielleicht auch noch wie oft an Familienplanung gearbeitet wird bzw. nicht? Oder man sich doch lieber auf sein Einzelkind konzentrieren möchte? Solle man vielleicht auf Facebook bekunden, wenn die Planungsphase in die Startlöcher geht – oder wenn es doch bei einem Kind bleiben soll? Und was wenn ein Paar bereits seit längerem versucht schwanger zu werden, es sich aber doch nicht als so leichte „planbare Aktion“ herausstellt?

Hiermit richte ich einen Appell an alle Omas, Freunde, Nachbarn oder Bekannte: unterlasst in Zukunft diese lästigen Fragen, denn ihr habt überhaupt kein Recht dazu sie zu stellen! Wenn Frau oder Mann sich nämlich zu diesem Thema mit jemanden austauschen möchte, dann tut sie/er es auch, ohne Nachfrage. Und wenn dann noch die Antwort darauf nur ein Lächeln oder ein kurz und bündiges themawechselndes „Wir werden sehen“ ist, möchte sie/er auch nicht darüber reden, überhaupt sollte dann das zukünftige Nachfragen somit komplett hinfällig sein. Denn spätestens dann hätte Frau oder Mann anders reagiert. Warum ich das weiß? Ich spreche aus Erfahrung.

Nur wenige ausgewählte Personen habe ich eingeweiht. Personen, denen ich vertrauen konnte und bei denen ich wusste, sie machen auch kein zu großes Ding daraus. Und die vor allem nicht immer nachfragen würden. Es wollte nämlich auch bei uns nicht klappen. Mein Mann sah das ganze gar nicht so eng, zumindest tat er so um mich zu beruhigen. „Es passiert, wann es passieren soll!“, so meinte er jedes Mal wieder. Monat für Monat, mit Eisprungrechner und teuren Ovulationstests. Jedes Mal wieder am Ende die Enttäuschung.

Im Kopf war ich monatelang „dauerschwanger“. Nur wenige Tage nach der „Befruchtung“, die nie stattgefunden hatte, wurde mir übel, ich bekam Kopfschmerzen, fühlte mich müde und ausgelaugt, ja sogar ein leichtes Ziehen im Unterleib war vorhanden. Typische Schwangerschaftsanzeichen, die ich mir nur eingebildet hatte bzw. stets einfach eine Vorbereitung meines Körpers auf die bevorstehende Menstruation war – kurz also PMS. Verwöhnt war ich allemal, denn unsere erste Tochter hatte sofort geklappt und das auch nach zehn Jahren hormoneller Verhütung.

Dann sind da noch die Frauen und Pärchen rund herum, die schwanger werden und sich auf den Nachwuchs freuen, die das leidige Thema für einen nicht gerade leicht machen. Die Konversationen mit dem Partner, der die monatlichen Gefühlsausbrüche der Partnerin gar nicht mehr zu kontrollieren schafft. Ein „Dann klappt es halt das nächste Mal“ ist da auch nur eine geringe Hilfe. Ebenso der Frauenarzt, der einem als unter 30-jähriges Paar noch in der Blüte der Fruchtbarkeit sieht und immer wieder betont wenn es über eineinhalb Jahre hinaus nicht klappen sollte, dann könnte es vielleicht an einem körperlichen Problem seitens Frau oder Mann liegen – nicht aber, wenn sowieso jedes Monat ein Eisprung stattfindet und die Frau einen geregelten Zyklus hat. Und schon einmal ein gesundes Mädchen dabei rausgekommen ist.

Und dann sind da eben noch die Omas, Freunde und Bekannte, die mit ihren Aussagen stets Salz in die Wunde streuen. „Wie lange wollt ihr denn NOCH warten?“

Ich versuchte Monat für Monat ruhig zu bleiben, mich nicht noch mehr in das Thema reinzusteigern und darauf zu versteifen, mir bei jedem Gedanken daran einen anderen Gedanken ins Gedächtnis zu holen. Doch ich schaffte es nicht. Schon wenn ich mir einen Mädlsabend ausmachte rechnete ich den Zyklustag aus, damit ich wusste ob ich mitanstoßen solle oder nicht, denn es könnte ja quasi kurz nach der Befruchtung sein. Ebenso als ich einen Harnwegsinfekt bekommen habe und mein Antibiotika zur Sicherheit nicht genommen habe. Oder ich mir Gedanken während des Skifahrens machte, ob dieser Sport schon förderlich wäre, sollte ich dieses Mal wirklich schwanger sein. Oder ich Monat für Monat vorgerechnet habe in welchem Schwangerschaftsstadion ich nächstes Jahr bei der Hochzeit meiner Freundin wäre, würde ich in diesen Zyklus schwanger werden. Oder wann die perfekte Urlaubs- und Flugreisezeit in den kommenden Monaten wäre, würde ich JETZT schwanger werden. Oder wie lange ich noch arbeiten müsste, hätte es nun geklappt. Die Schwangerschaftstests ganz zu schweigen. Ein Teufelskreis, der mich nicht nur runtergezogen, sondern die Sache mit Sicherheit auch mit erschwert hat.

Liebe Omas, Freunde, Bekannte, Verwandte und Nachbarn: wusstet ihr überhaupt, dass ein Drittel aller Frauen länger als ein Jahr warten muss, bis es mit dem schwanger werden funktioniert? Oder, dass bei Frauen zwischen 20 und 30 Jahren die Wahrscheinlichkeit für eine Schwangerschaft bei etwa 30 Prozent pro Monatszyklus liegt? (Quelle: https://www.familienplanung.de/kinderwunsch/warten-auf-die-schwangerschaft/wartezeiten/) Das ist 20 Prozent weniger als eine 50/50 Chance! Sollte euch also noch einmal eine solche Frage an ein Paar in den Sinn kommen, denkt bitte vorher darüber nach, dass Frau nicht automatisch sofort schwanger werden kann!

Es braucht nämlich viel mehr als Sex an den fruchtbaren Tagen: es braucht vor allem ganz viel Geduld. Weder Eisprungrechner noch der teuerste Ovulationstest können bei manchen Frauen den fehlenden Faktor Geduld und Positivität beeinflussen. Und so war es auch bei uns. Erst als ich geschafft hatte alle meine drückenden Gedanken zu vergessen, im Hier und Jetzt zu leben – ohne Ovulationstest und meiner Eisprungrechnerapp (die im Grunde wirklich NIEMAND braucht!), mit viel Freude und auch den ein oder anderen Genussgetränk, auch nach der eigentlichen Befruchtung. Wir genoßen die Momente, die Ausgehabende, die Erlebnisse. Und als ich schwanger war, hatte ich gar nicht damit gerechnet, denn ich fühlte keines der Schwangerschaftsanzeichen, die ich in meinem Dauerschwangersein zuvor gefühlt hatte. Ein riesen Glück, das wir jetzt und hier – und dann im Dezember endlich wieder erfahren dürfen.

Die Reaktion der Omas, der Freunde, der Bekannten und der Nachbarn? Höchst erfreut, ohne Zweifel! Und doch bekam ich die ein oder andere Aussage wie „Mit dem hätten wir bei euch nun doch nicht mehr gerechnet“ zu hören. Naja, ich glaube zu so einer Aussage brauche ich mich wohl gar nicht mehr zu äußern…

Posted by:Steffi

Herzlich Willkommen auf meinem persönlichen Mamablog! Hier schreibe ich, Steffi (33) über das Kinderglück als 2-fach Mama, arbeiten als Mama und ganz viel Alltagskram. Viel Spaß beim Lesen!

3 Antworten auf „Endlich schwanger

  1. Same here 🙄 und der Druck steigt stetig 🤭 dabei hat es bei unserer Tochter schon drei Jahre gedauert bis es geklappt hat. Und dann auf der anderen Seite die, die es wissen und sagen: entspann Dich doch mal, dann klappt es… 😬

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  2. Ich bin dieses Thema „Einzelkind“ so leid. Gerade in unserer Gesellschaft , wo das „Wunsch-Einzelkind“ gar nicht mehr so selten ist,kann ich es nicht nachvollziehen, ganz abgesehen davon, dass ich es als Elternteil eigentlich ganz schön fände, selber entscheiden zu dürfen, ob wann und wie ich mich für ein weiteres Kind entscheide. So laufe ich also durch die Gegend und rufe bei jeder sich bietenden Gelegenheit „Einzelkind“. Wenn ich einen „Richtig guten Tag“ erwischt habe knalle ich den Leuten auch ungefragt meinen Grund dafür vor den Kopf. Dann kommt erst einmal betretenes Schweigen aber das Thema hat sich dann erledigt.

    Dir wünsche ich für die zweite Schwangerschaft alles Liebe und Gute und hoffentlich erst einmal ein bisschen Ruhe.

    Liebe Grüße aus dem Bergischen

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