Manchmal traue ich meinen Augen und Ohren nicht was rund um meine Familie und Freunde herum alles passiert. Ganz abgesehen von den unzähligen negativen Nachrichten, die da täglich über die Medien auf uns hereinprasseln. Kinder, die aus ihrem eigenen Elternhaus in Kalifornien befreit werden mussten. Eine Mutter, die ihr eigenes Baby verkauft hat und mit dem Geld nach Asien geflohen ist. Ebenso eine Mutter, die ihr Baby auf dem Bahnsteig in Berlin zurückgelassen hat um lieber der Polizei zu entkommen. Zu weit hergeholt, denn so etwas passiert ja nicht bei uns?!
Dann eben die Geschichten von mir bekannten Pädagogen und ihren Erfahrungen in diversen heimischen Betreuungseinrichtungen: das Kind, dessen Popo voller blauer Flecken ist, weil es Zuhause geschlagen wird. Die arbeitslose Mutter, die ihre Kinder 40 Stunden in eine Betreuungseinrichtung steckt, weil sie ihr Zuhause neben Spritzer und Bier trinken zu anstrengend sind. Das ungepflegte Kind, das nur spärlich gebadet wird. Das Kind, das ohne jegliche Jause einen ganzen Tag fern von Zuhause bestreiten muss. Das Verfahren, das läuft, weil die elterliche Fürsorge für ein Kind und ihre Geschwister nicht gewährleistet ist. Die Eltern, die ihren Kindern Schlafmittel verabreichen, damit sie abends weggehen können während die Kinder Zuhause alleine tief und fest schlafen. Das Kind, das bei der Pädagogin nach Liebe und Geborgenheit sucht, weil sie es Zuhause zu wenig bekommt. Oder etwa das Kind, das mit drei Jahren einfache Dinge noch nicht kann, weil es niemand Zuhause der Rede wert findet, sich mit ihm zu beschäftigen. Das Kind, dass von ihrer eigenen Mutter als „dumm und hässlich“ beschimpft wird.
Ja, diese Geschichten sind alle wahr und passierten in den wenigen Wochen des Jahres 2018. Mir wurde ganz schlecht dabei, während ich mir diese Geschichten anhörte. Ich bin traurig, im selben Moment könnte ich kotzen, denn ich finde KEINE Erklärung dafür. UNVORSTELLBAR, was da draußen passiert, HIER, im echten Leben, leider manchmal sogar im eigenen Umfeld.
Gewalt an Kindern.
Themen wie diese dürfen wir nicht unter den Tisch kehren, ja schon gar nicht die Augen davor verschließen – zu wertvoll ist das Leben der Kleinsten unter uns, und zwar auf der ganzen Welt. Gerade in unserer näheren Umgebung wird die Gewalt an Kindern in der Öffentlichkeit nicht immer sichtbar, weil sie Zuhause in den eigenen vier Wänden passiert, an dem Ort, an dem sich ein Kind normalerweise sicher und wohl fühlen sollte. Warum so etwas passiert und den Kindern so etwas angetan wird, diese Frage ist mir unerklärlich. Als Erziehungsmethode, weil das Kind „schlimm“ ist, wenn es den Vorstellungen der Eltern nicht gerecht wird? Wenn das Kind Kind sein will? Aus Überforderung der Eltern? Aus Stress? Aus Machtmissbrauch, weil Kinder in vielen Augen von Erwachsenen weniger Rechte haben als Mama oder Papa? Oder gar aus dem Affekt heraus? Schrecklich! Warum Menschen mit so einem Gedankengut und unkontrollierbaren Verhalten Kinder in die Welt setzen ist mir unbegreiflich. Wie sehr sie ihren Kindern damit schaden ist ihnen vielleicht nicht bewusst, doch das können sie sich gerne selber ausmalen, da braucht man keinen Experten dafür.
Ich blicke zu meiner dreijährigen Tochter, die da gerade neben mir spielt. Sie legt ihre Puppe Lilly über ihre Schulter, streichelt ihr den Kopf und sagt: „Schhhhhh… ist schon gut Lillylein, ich bin eh da!“ Am liebsten möchte ich losheulen. Unvorstellbar, dass es Menschen auf dieser Welt gibt, die einem solch wunderbaren, perfekten, unschuldigen kleinen Menschen etwas antun können. Mein Verstand kann es kaum fassen. Mir bleibt nur die Frage nach dem WARUM – doch es gibt keine Antwort dafür und schon gar keine Entschuldigung. Wie kann man dem größten Glück der Welt die Liebe und Sicherheit verweigern, die es verdient?
Es gibt verschiedene Arten von Gewalt an Kindern: körperliche Gewalt, Vernachlässigung, psychische Gewalt oder sexueller Missbrauch, die Übergänge sind hierbei oft fließend – so die Infos von HELP.gv.at:
Körperliche Gewalt
Die Formen von körperlicher Gewalt sind vielfältig. Körperliche Misshandlung kann bei der „ausgerutschten Hand“ beginnen, aber auch vorsätzliches Zufügen von Schmerzen sein.
Vernachlässigung
Vernachlässigung liegt dann vor, wenn die physischen oder psychischen Bedürfnisse von Kindern von der Familie nicht oder nur unzulänglich befriedigt werden.
Psychische Gewalt
Bei psychischer Gewalt sind Kinder wiederholt verbaler Gewalt oder einer anderen Form von seelischem Druck ausgesetzt (z.B. Leistungsdruck, Beschimpfung, Demütigung, Bedrohung). Körperliche Reaktionen sind nicht auszuschließen (z.B. Depressionen, große Nervosität, Schlafstörungen, Einnässen).
Sexueller Missbrauch
Sexueller Missbrauch ist, wenn sich Erwachsene oder ältere Jugendliche bewusst und absichtlich am Körper eines Kindes befriedigen oder sich von einem Kind befriedigen lassen. Dazu zählen Blicke, Bemerkungen und Berührungen, auch jene, die jemand an sich selbst durchführen lässt, exhibitionistisches Verhalten, aber auch, wenn einem Kind pornographisches Material gezeigt wird, wird es sexuell missbraucht. Sexuelle Gewalt ist körperliche und psychische Gewalt.
Quelle: https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/29/Seite.290100.html; Zugriff am 6.2.2018
Während uns allen mittlerweile bewusst ist (möchte man meinen), dass körperliche Gewalt schlecht ist, und zwar gegen JEDE Person, nicht nur – aber vor allem auch gegen Kinder, wird psychische Gewalt oft vermindernd dargestellt. Es gibt WEDER eine „g’sunde Watschn“, noch eine berechtigte Beschimpfung. Gewalt gegen Kinder muss in jeglicher Form vermieden werden, denn sie gehört in KEINE Erziehung!
Was ist überhaupt psychische Gewalt? Eine ausführliche Definition dazu gibt es auf GewaltInfo.at:
Psychische Gewalt ist …
- wenn Kindern mutwillig Angst gemacht wird.
- wenn Kinder eingeschüchtert, ausgegrenzt, isoliert werden.
- wenn Kinder verspottet werden oder der Verspottung Preis gegeben werden.
- wenn Kinder missachtet und entwertet werden.
- wenn Kinder klein gemacht, klein gehalten und abgewertet werden.
- wenn Kinder gezielt entmutigt werden.
- wenn Kinder mit Druck und Unterdrückung erzogen werden.
- wenn Kindern keine Grenzen gesetzt werden.
- wenn Eltern ihren Kindern Orientierung verweigern und sich ihrer Verantwortung gegenüber ihren Kindern entziehen.
- wenn Strafe zu einem Zeitpunkt vollzogen wird, wo das Kind gar nicht mehr weiß, was es getan hat, und die Strafe nicht als Konsequenz seiner Handlungen erkennen kann.
- wenn Kinder das tun müssen, was ihre Eltern immer gerne getan hätten, wenn Kindern sozusagen das Leben der Eltern auferlegt wird.
- wenn Gefühle der Hilflosigkeit und schutzlosen Preisgabe ausgelöst werden und es zu einer Erschütterung des Selbst- und Weltverständnisses des Kindes kommt.
- wenn Kinder als Spielball der Interessen des jeweiligen Elternteils z.B. im Zuge einer Scheidung missbraucht werden,
- wenn also das Kindeswohl vorsätzlich und bewusst vorgeschützt wird, um eigene Interessen durchzusetzen oder zu fördern.
- wenn Kinder Loyalitätskonflikten zwischen den Eltern ausgesetzt werden.
- wenn den Eltern das Verhalten des Kindes wichtiger als seine Person ist.
- leise. Sie ist nicht laut. Sie ist nicht spektakulär, aber sie ist langhaltig, sie ist ausdauernd, und sie ist nachwirkend.
Psychische Gewalt ist weiters …
- immer dort, wo Angst als Erziehungsmittel eingesetzt wird.
- nicht nur Vernachlässigung, es kann auch ein Übermaß an erstickender Liebe sein.
- viel schwieriger zu erkennen als körperliche Gewalt, da sie am Körper keine sichtbaren Narben hinterlässt.
- so schwer fassbar, da sie individuell erlebt wird und ihre Wirkung von außen oft nicht erkennbar und einschätzbar ist.
- subjektiv zu verstehen und zu betrachten; das subjektive Erleben des Kindes, sein emotionales, existenzielles Empfinden steht im Vordergrund.
- ein „unangenehmes“ Thema, da dieses Phänomen schwer fassbar ist, sich nicht genau definieren lassen „will“, sich wissenschaftlicher Analyse entzieht und uns zur Auseinandersetzung mit vielen Themen zwingt, auf die wir gar nicht so gerne hinschauen.
Psychische Gewalt …
- wird durch alle Handlungen und Unterlassungen von Eltern und Bezugspersonen hervorgerufen, die Kinder ängstigen, überfordern, ihnen das Gefühl der eigenen Wertlosigkeit übermitteln und sie in ihrer psychischen und/oder körperlichen Entwicklung beeinträchtigen können.
- „passiert“ oftmals eigentlich ohne böse Absicht.
- wird unterschiedlich aufgefasst; was dem einen noch Spaß macht, kann für den oder die andere schon Verletzung, Abwertung, Verwundung bedeuten.
- kann dadurch entstehen, dass die Eltern den Druck, dem sie in der Gesellschaft, Arbeit etc. ausgesetzt sind, an ihre Kinder weitergeben.
- kann auch durch gut gemeinte Hilfsangebote ausgeübt werden.
- entsteht und besteht dort, wo Kinder und Jugendliche einer Dynamik von „zu viel“ oder „zu wenig“ ausgesetzt sind und die existenziellen Bedürfnisse der Kinder keinen Platz haben.
- manifestiert sich dort, wo Kinder bei für sie schwierigen Erfahrungen/ Erlebnissen keine Sprache bzw. keine Ausdrucksform finden können oder dürfen.
- tritt nicht nur alleine auf, sondern zumeist auch als „stille Schwester“ aller anderen Gewaltformen
Quelle: https://www.gewaltinfo.at/fachwissen/formen/psychisch/psychische_gewalt_kind.php; Zugriff am 6.2.2018
Was können wir tun?
Das Wohl des Kindes immer vor Augen haben! Jede Mama oder jeder Papa erleben so manche Wochen und Monate als puren Stress. Finanzielle oder private Probleme oder auch Druck in der Arbeit spielen in jedem Erwachsenenleben ab und an eine Rolle. Das sind die Dinge, mit denen wir als Erwachsene fertig werden MÜSSEN und auch können, denn für jedes Problem und jede noch so missliche Lage gibt es immer eine Lösung. Der Schuldige für solche Situationen ist man oftmals selbst, aber NIEMALS NIE DAS KIND! Kinder sind unsere eigenen Wunder, die wir selbst auf die Welt gebracht haben – ihnen gebührt Liebe und Aufmerksamkeit in jeder Sekunde ihres Lebens – auch wenn sie Kind sein wollen und dabei nicht alles so machen, wie man es sich ausgemalt hätte – oder Lebenslage gerade nicht die beste ist. Ein Kind ist ein Privileg, das höchste Gut der Eltern – und so soll es auch behandelt werden. Wer sein Kind nicht so behandeln kann/mag, der braucht dringend die notwendige Hilfe eines Experten!
Achtsam sein. Natürlich passiert Gewalt nicht immer auf der Straße, und doch sollten wir alle achtsam sein, wenn wir unterwegs sind und uns etwas derartiges auffällt. Sei es am Spielplatz oder sonst wo – sind Beschimpfungen, Demütigungen oder gar Aggressionen oder Schläge eines Erwachsenen gegenüber eines Kindes zu sehen, dann dürfen wir
nicht wegschauen, wir müssen einschreiten! Ganz egal, ob uns das was angeht oder nicht oder wir dadurch den Erwachsenen kritisieren – besser ist man sucht das Gespräch, als das die Gewalt gegen das Kinder weiter anhält. Bei schlimmeren Befürchtungen oder gar Zeuge von körperlicher Gewalt oder einem verstörten Kind kann man auch weitere notwendige Schritte setzen und den Vorfall melden, sei es beim Jugendamt oder der Polizei – auch anonym.
Mit den Kindern reden. Kinder wissen oft noch nicht, was recht und unrecht ist – und doch lernen sie sehr schnell, dass „hauen“ oder einander wehzutun nicht in Ordnung ist. Wie sie das lernen? Durch das Erklären der Bezugspersonen! Wenn sie wissen, dass das was andere tun böse ist, dann können sie auch benennen, wenn ihnen so etwas durch eine andere Person – oder auch durch andere Kinder – widerfährt. Denn auch Gewalt unter Kinder kann vorgebeugt werden.
Symptome wahrnehmen. Ist ein Kind verhaltensauffällig, eingeschüchtert, ängstlich oder auch aggressiv oder gar depressiv, dann kann sein, dass es Zuhause oder im Umfeld einer Gewalteinwirkung ausgesetzt ist. Auffälligen Symptomen oder Wesensveränderungen muss nachgegangen werden – durch Beobachtung sowie Gesprächen mit dem Kind und den Eltern.
Alle Kinder haben das Recht OHNE Gewalt – in jeglicher Form – aufzuwachsen!
Weitere Infos zu dem Thema „Gewalt an Kindern“, Beratungsstellen in eurem Bundesland und vieles mehr findet ihr hier: Familienberatung.gv.at: Gewalt gegen Kinder
Zu dem Thema kann ich Dir den Verein schutzlos-wehrlos empfehlen
http://www.schutzlos-wehrlos.de
Zitat von der HP
*Der Anfang von schutzlos-wehrlos e.V. liegt im Jahr 2009. Im Oktober 2013 wurde diese Gedenkseite als erste Online-Gedenkseite und als erste Gedenkstätte überhaupt, für Kinder, die durch Gewalteinwirkung gestorben sind, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.*
Ich finde deren Arbeit echt gut und unglaublich wichtig. Da sind die Geschichten der Kinder bewahrt.
Aber ganz wichtig: CONTENT und TRIGGER WARNUNG
Die bewahrten Geschichten sind meist schwer zu lesen.
Die allgemeinen Infoseiten sind aber (denke ich) gut lesbar und vor allem die Kapitel unter „Was kannst Du tun“
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Super, vielen Dank für den Link und die Infos! Liebe Grüße, Steffi
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Sehr gerne 🙂
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